Montag, 5. Januar 2009

Das neue Jahr

Eigentlich wollte ich den Jahreswechsel im Wald verbringen. Der Motorschlitten, der mich dort hinbringen sollte, brach jedoch bei einer Flussüberquerung in den Eisschichten hängen, und so verbrachte ich Sylvester und Neujahr in der Stadt Ljantor, bei einer alten Bekannten, der chantischen Linguistin und Leiterin des Archivs der Surguter Chanten, Agrafena Pesikova. Sie hat eine Einzimmerwohnung in einem Neubaublock, ist aber ständig auf Reisen, so dass für die Neujahrsvorbereitungen kaum Zeit blieb. Ich hatte ja ein bescheidenes Fest gesucht (vor allem die üblichen Alkoholmengen schreckten mich) und war deshalb ganz zufrieden mit dem kleinen Kreis von Agrafena, ihrem Neffen Artjom und mir. Man bereitet ein Mahl im Familienkreis, bestehend aus kalten Speisen und Salaten, dann hört man sich zu Mitternacht die Rede von Präsident Medvedjev an, egal ob man ihn mag oder nicht, es folgt die Nationalhymne und zu Mitternacht wird mit Schampanskoje angestoßen. Interessant ist, dass sich dieses Ritual zehnmal wiederholt, weil Russland ja zehn verschiedene Zeitzonen hat. In jeder Region wird zumindest zum eigenen Neujahr und dann noch dem von Moskau angestoßen. Wir stoßen zum dritten Mal zum Neujahr in Berlin an (um 4 Uhr) und in den darauffolgenden Stunden überlegen wir, wo denn jetzt noch Neujahr sein könnte (London? New York?). Zu dieser Zeit sind wir längst bei Bekannten. Nach Mitternacht geht man auf die Straße, um ein, wie ich finde, recht bescheidenes Feuerwerk abzuhalten und dann werden Bekannte, Freunde und Verwandte aufgesucht. Erst um 7 Uhr früh sind wir wieder zu Hause. Einen Tannenbaum „Jolka“, wie das Fest auf Russisch auch genannt wird, haben die chantischen Familien, bei denen ich zu Gast war, nicht. Gespannt war ich auch, wie das gegenseitige Beschenken abläuft. Die Familie bei der ich in Kogalym gewohnt habe kaufte sich ein Auto, ein Handy mit Internet und GPS und eine neue Couchgarnitur. Rein formal waren das zwar Geschenke an die Söhne und die Eltern, es glich aber eher einem Familieneinkauf. Einen Moment in dem die Geschenke irgendwie feierlich überreicht werden gibt es nicht. Meine Bekannte in Ljantor beschenkte in den Tagen nach dem Fest Bekannte mit Kleinigkeiten. Und schon in der Woche vor Weihnachten sah ich die chantischen Kinder mit den Süßigkeiten spielen, die sie zu Neujahr geschenkt bekommen hatten.











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